Das Modell der kognitiven Entwicklung nach Piaget (1896 – 1980)
Die im Gespräch aufgezeichneten Beispiele zeigen, dass Babys und Kinder anders denken als Erwachsene. Häufig wird angenommen, dass Kinder falsch denken und Erwachsene dann durch besondere Erklärungen dieses Denken korrigieren müssten. Der Schweizer Psychologe Jean Piaget hat sich speziell mit dem kindlichen Denken beschäftigt. Er hat herausgefunden, dass Kinder in verschiedenen Lebensaltern unterschiedliche Denkformen haben.
Das sich Denken durch aktives Auseinandersetzen mit der Umwelt bildet, verändert bzw. weiterentwickelt. Beispiel, ein dreijähriges Kind hat durch seine bisherigen Erfahrungen gelernt:
„Alle Dinge die ich loslasse fallen automatisch zu Boden. „
Nun erhält dieses Kind einen mit Gas gefüllten Luftballon in die Hand. Als es ihn loslässt passiert nun für das Kind das Unfassbare:
„Der Ballon fällt nicht zu Boden, sondern schwebt langsam zur Decke“.
Die bisherigen Erfahrungen des Kindes beschädigten sein Denkschema: „Alles was ich loslasse fällt zu Boden. Jetzt passiert etwas, was nicht zu seinen bisherigen Erfahrungen passt. Das Kind hat seine Umwelteindrücke bisher mit Hilfe seines Denkschemas verarbeiten können. Bisher passten alle Erfahrungen zusammen. Jetzt stimmt dieses Schema nicht mehr ganz. Das Kind wird es „korrigieren“. Alle Dinge, ausgenommen der rote Ballon, fallen zu Boden. Dies ist ein neues Schema, es gilt so lange bis das Kind wieder andere Erfahrungen macht.
Die Verarbeitung von Umwelteindrücken mit Hilfe von vorhandenen Denkschemata nennt Piaget:
Assimilation
Sind die vorhandenen Denkschemata zur Verarbeitung ungeeignet für neue Eindrücke werden sie verändert. Piaget spricht dann von:
Akkomodation
Beide Vorgänge sind Anpassungen an eine als andere erlebte Welt. Piaget unterscheidet „zwei Stadien der Entwicklung des Denkens“. Piaget unterteilt „die Entwicklungen des Denkens“ in mehrere Stufen:
Sensorische Schemata
Die Entwicklung der sensomotorischen Intelligenz, der Leistung des Denkens zeigt sich in den ersten Lebensmonaten im Handeln. Z.B. findet ein Säugling die Brustwarze weniger schnell oder schneller. Im sensomotorischen Stadium verbindet das Kind Wahrnehmungseindrücke mit angemessenen motorischen Handlungen. Das Kind sieht z.B., das über dem Bett aufgehängte Mobile und versucht, es zu ergreifen. In diesem Stadium kann sich das Kind Dinge, die es nicht sieht, auch nicht vorstellen. Das sensomotorische Stadium dauert bis zum 20. Lebensmonat. Begriffliche Schemata Im Laufe des begrifflichen Stadiums entwickelt das Kind zunehmend die Fähigkeit sich Tätigkeiten vorstellen zu können, ohne sie direkt durchzuführen. So kann sich das Kind in diesem Stadium das Spielen am Strand vorstellen, obwohl diese Tätigkeit schon mehrere Tage zurückliegt. Die Entwicklung des begrifflichen Denkens, des abstrakten Denkens, bedeutet, sich beim Denken vollständig von der Anschauung zu lösen. Im Alter von 12 Jahren können logische Schlussfolgerungen vollzogen werden.
Operatorische Schemata
Stufe des Anschaulichen Denkens 2-7 Jahren Mit der Weiterentwicklung der Gedanken, Vorstellungen und Erfahrungen bekommen drei Begriffe des Kindes anschaulichen Charakter. Wahrgenommene Gegenstände können erinnert werden, wenn sie das Kind nicht mehr sieht. Diese Vorstellung sind eher nicht flexibel. In diesem Zusammenhang spricht man von magischen Denken. Es ist ein Denken, das nicht an der objektiven Realität orientiert ist, sondern an der lebhaften Phantasie des Kindes, nach der alles möglich erscheint. Insofern als das Kind von eigenen Vorstellungen ausgeht und diese als real gelten lässt, wird auch von „Ich“ bezogenem oder egozentrischem Denken gesprochen.
Stufe der konkreten Operationen
Allmählich lernt das Kind mehrere Aspekte eines Gegenstandes zu berücksichtigen und in welcher Art und Weise sie in Beziehung zueinander stehen. Dies bedeutet auf dem angeführten .Perlenvsrsuch“ übertragen, dass das Kind Dicke, Höhe und Inhalt der Gefäße ins richtige Verhältnis zueinander setzen kann. Er erfasst die Tatsache, dass ein Gegenstand trotz äußerer Veränderungen quantitativ gleich bleibt. Dies lässt sich durch Zurückführung eines Objektes in seinen ursprünglichen Zustand nachweisen. Diesen Vorgang muss das Kind nicht tatsächlich ausführen, es kann ihn gedanklich, in der Vorstellung durchspielen.
Daran zeigt sich die Reversibilität eines Denkvorganges. Dieser Zusammenhang soll an einen anderen Beispiel verdeutlicht werden: In der Zeit des anschaulichen Denkens konnte ein Kind noch nicht feststellen, dass zwei Reihen von Stäbchen, von denen eine Reihe auseinandergedrückt und die andere gestaucht war. Das Kind dachte, dass die auseinandergedrückten Stäbchen mehr waren als die zusammengedrückten, obwohl beide Reihen die gleiche Anzahl an Stäbchen hatten. Jetzt aber, auf der Stufe der konkreten Operationen, kann das Kind feststellen, dass beide Reihen die seibe Anzahl an Stäbchen enthalten und sie sich lediglich durch die verschiedene Anordnung der Stäbchen unterscheiden.
Erste Reihe I I I I I
Zweite Reihe I I I I I
Zwei verschiedene Reihen mit derselben Anzahl an Stäbchen. Stufe der formalen Denkoperationen ca. 12 Jahre Der Jugendliche kann abstrakt Denken. Er braucht die Anschauung nicht unbedingt. Er kann theoretische Annahmen bearbeiten und weiterspinnen. Er kann Schlüsse ziehen die von konkreten Handlungen unabhängig sind. Im Denken ist er nun ein Erwachsener geworden, auch wenn er noch nicht überall die Erfahrungen eines Erwachsenen gemacht hat.
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